An dieser Stelle sollen die häufigsten Erscheinungsformen kommerzieller Nutzung Freier Software erläutert werden. Eine rechtliche Beurteilung soll zunächst noch nicht vorgenommen werden, sondern nur das Leistungsspektrum differenzierter betrachtet werden. Letzteres ist Voraussetzung für eine rechtliche Einordnung, die aber erst im sechsten und siebten Abschnitt erfolgt.
Freie Software kann verkauft (was paradox klingt), verschenkt, zur Herstellung von Software verwendet (Compiler, ...) installiert und gewartet werden.
Auf dem Markt sind unzählige Softwaresammlungen erhältlich, die ausschließlich oder zum Teil Freie Software oder Shareware enthalten. Für die rechtliche Beurteilung muß eine weitere Differenzierung vorgenommen werden. Für die rechtliche Einordnung der Leistung des Anbieters ist von Bedeutung, ob es sich bei der Softwaresammlung um einen Serverabzug, um eine Freie Betriebssystem-Distribution oder eine sonstige Softwaresammlung, die mehr oder weniger willkürlich oder nach den Wünschen des Kunden zusammengestellt wurde.
Was man unter einem Serverabzug versteht, ist leicht zu definieren: Die auf einem oder mehreren Servern sich befindliche Software wird unter Beibehaltung der Verzeichnisstruktur auf eine oder mehrere CDs gebrannt. Ein Serverabzug sollte Angaben über den Stichtag des Abzugs und die kopierten oder nicht kopierten Verzeichnisse bzw. Dateien enthalten. Die Datumsangaben der Dateien sollten identisch mit denen des Originals sein, um Mißverständnisse bezüglich des Alters der Dateien zu vermeiden.
Eine Freie Betriebssystem-Distribution -- im hier verwendeten Sinne -- besteht aus einem Betriebssystem (Kernel und betriebssystemnahe Programme), Anwendersoftware und einem Installationsprogramm. Das Betriebssystem ist Freie Software, bei der Anwendersoftware kann sich neben Freier Software auch kommerzielle Software befinden, deren Lizenzbedingungen bei Nutzung der Software einzuhalten sind. Das Installationsprogramm kann Freie Software sein, muß aber nicht. Von einer Freien Betriebssystem-Distribution erwartet man weiterhin, daß die einzelnen Komponenten aufeinander abgestimmt sind und miteinander funktionieren. Dies muß nicht unbedingt für jedes Softwarepaket zutreffen, zumindest sollten aber im Installationsprogramm eine oder mehrere Zusammenstellungen von Softwarepaketen getroffen werden können, deren Komponenten miteinander harmonieren.
Schließlich werden auch bunte Sammlungen von Freier Software oder Shareware angeboten. Möglich ist auch, daß ein Kunde Software auswählt, die dann auf einen Datenträger übertragen wird.
Manche Unternehmen stellen Freie Software her und verbreiten diese kostenlos. Der Grund für dieses scheinbar selbstlose Verhalten liegt häufig darin, daß die hergestellte Software aus Freier Software entwickelt wurde und aus lizenzrechtlichen Gründen auch kostenlos angeboten werden muß. Einnahmen erzielt das Unternehmen dann durch die Installation und/oder Pflege der selbst hergestellten Freien Software.
Bei der Softwareherstellung können freie Compiler oder sonstige Tools zur Softwareentwicklung verwendet werden. Weiterhin kann auch Freie Software ganz oder teilweise in kommerzielle Software integriert werden.
Prominentestes Beispiel ist der GNU-Compiler ``gcc''. Da der gcc in zahlreichen Tests sehr gut abgeschnitten hat, ist es nicht verwunderlich, daß er auch zur Herstellung von kommerzieller Software verwendet wird.
Zur Softwareentwicklung werden sehr häufig Casetools eingesetzt. Da die Entwicklung von Casetools sehr aufwendig ist, sind die meisten Pakete kommerzieller Natur. Es gibt aber auch freie Casetools, z. B. FreeCASE ( http://www.freecase.seul.org/) oder Argo/UML ( http://www.ics.uci.edu/pub/c2/uml/index.html)
Mit Hilfe dieser Casetools wird Sourcecode hergestellt, der dann auch für kommerzielle Software verwendet wird.
Freie Softwarelibraries können in kommerzielle Software eingebunden werden, Freie Software kann kommerzieller Software beigelegt werden oder als Hilfsfunktion von kommerzieller Software verwendet werden.
Im Bereich der Software-Dienstleistungen können sowohl freie Betriebssysteme als auch freie Anwendersoftware installiert und gepflegt werden.