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Notizen:
(30) John von Neumanns radikale Forderungen von 1945 im "First Draft
of a Report on the EDVAC" resümiert nur die Konsequenzen aus der hyperkomplexen
elektronischen Architektur des ENIAC. Das Wesentlichste aber bleibt unverändert.
Seit dem erfolgreichen Aufbau des ENIAC gilt für alle Computer seither,
daß Rechnen eine Frage der Logik von Elektronenschaltzeiten sein
wird, d.h. ein gepulster, getakteter Vorgang. Alle Post-ENIAC-Rechner speichern
mittels elektronischer Schaltungen, Flip-Flops aus Triodenröhren.
Ekkerts ENIAC hat als erster beweisen, daß eine bis dahin unvorstellbare
Menge an Röhren technisch zu beherrschen, möglich ist.
(a) Aus den vielen Akkumulatoren, Multiplikatoren, Divide-Square Units
eine einzige zusammenhängende Einheit zu bilden, genannt die Arithmetic
Unit, das war bereits eine Konsequenz, die das ENIAC-Team beim Aufbau der
Akkumulatoren gezogen hatte. Zweitens, weil der Elektronenrechner ENIAC
bewiesen hatte, wie Daten mittels Programmierung zu speichern sind, sollen
fortan Daten und Programme im gleichen Memory gespeichert sein. Auch das
war eine sehr frühe Schlußfolgerung von Pres Eckert, die Neumann
hier nur für seine eigene erklärt. Allerdings gab in der Konzeptionsphase
des ENIAC keine technische Repräsentation von Memory. Noch im Aufbau
des ENIAC, nämlich 1945, macht sich Eckert daran, die Mercury-Delay-Tube,
ein taktgesteuertes elektronisches Speichermedium zu entwickeln. Drittens,
die Controll-Unit muß Instruktionen sequentiell und logisch verarbeiten.
Auch die Program Controll Unit aber ist eine Erfindung des ENIAC, nicht
eine von Neumanns.
Man sollte daher von Neumanns paper von 1945 nicht als ein theoretisches
Konzept, nicht als genialen Entwurf aus Ideenstoff verstehen, sondern als
das, was es war: nämlich das summary einer gemeinsamen Arbeit, die
ihren nächsten sinnvollen Schritt zu definieren hatte. Am allerwenigsten
aber darf man das nennen, wie wir es alle nennen, nämlich die "von
Neumann Architektur". Architektur hieße doch, daß es sich um
einen Plan handelt, wie man etwa ein Haus baut. Von Neumann aber hatte
überhaupt keinen Plan. Seine Architektur von 1945 ist keine Architektur
in dem Sinne, daß Rechner nach diesem Konzept hätten gebaut
werden können. Das geschah auch nicht. Computergeschichte war, ist
und bleibt Hardwaregeschichte, eine Verschlingung von Hardware und Logik.
Die Logik war jetzt, 1945, vielleicht einen kleinen, wenn auch entscheidenden
Schritt weiter, aber die Hardware war es noch lange nicht.
Um ihnen das deutlich zu machen, stelle ich Frage anders. Gab es ein
Programmierkonzept John von Neumanns, das seiner Rechneridee entsprochen
hätte? Mit Hilfe von Donald Knuth und Luis Pardo will ich diese Frage
ansatzweise beantworten. Dazu bediene ich mich der Hilfe eines einfachen,
ziemlich nutzlosen Progrämmchen, das in PASCAL notiert ist, und werden
es dann rückübersetzen in die jeweiligen "Stile" der Vor-FORTRAN
Programmkonzepte, hier also in den "Stil" John von Neumanns.