"Information wants to be Free" The Digital Knowledge Order between Rights Control Systems and Information
Commons
22.09.2000
Workshop im Rahmen der Interface 5 organisiert von Wizards of OS
(mikro, HU
Informatik & Gesellschaft)
"Information wants to be Free" Die digitale Wissensordnung zwischen Rechtekontrollsystemen und Wissens-Allmende
Mit der anbrechenden Moderne gehen in derselben Bewegung, in der das Kollektiveigentum an Grund und Boden (Almende) privatisiert wurde, die geistigen Güter den entgegengesetzten Weg: vom Privileg Weniger zu etwas, worauf alle im Volk Anspruch haben. Am Ursprung und in der Basis der modernen, westlichen, demokratischen Gesellschaften steht ein ausgeprägtes Gefühl für die moralische Verwerflichkeit von Zugangsbeschränkungen zu Wissen, Information, Bildung, Kultur und Weisheit. In der gleichen Zeit, da das typographisch gedruckte Buch als das erste auf moderne Weise massenproduzierte Industriegut einem besonderen Kopierrecht unterstellt wurde, verlangten insbesondere Wissenschaftler, Schriftsteller, Gelehrte und Künstler nach Bildung und nach freiem Zugang zu dem in den privaten Sammlungen der Reichen und Mächtigen angehäuften Wissen. Sie erreichten die Schaffung der ersten öffentlichen Bibliotheken und der ersten öffentlichen Museen. Ein ähnlicher Anspruch findet sich auch im Sonder-Milieu der Wissenschaften, in dem die historische Errungenschaft der Freiheit von Forschung und Lehre die Grundlage für eine Kooperation und einen Wettbewerb um das beste Wissen für alle bildet; ein ‘Wissenskommunismus' (R. Merton), der philosophisch und methodologisch in einem freien Informationsfluß gründet, in den Bedingungen für eine Replikation von Experimenten, von Peer-Review und einer offenen Weiterentwicklung des Wissens. Die Freiheit des Wissens zu verteidigen, ist in Zeiten einer schrankenlosen Kommodifizierung gerade auch von Bildung und Forschung fraglos die wichtigste Aufgabe, die vor uns liegt. Auch jedes Urheberrecht beruht auf der Anerkennung, daß jedes
‘Werk' aus dem Pool des vorangegangenen Wissens hervorgeht, aus dem Gedächtnis
und Archiv der Menschheit, das allen gehört. Daher ist der Schutz,
der neuen Werken eingeräumt wird, nach Nutzungen und zeitlichem Umfang
begrenzt und daher kehren sie schließlich in das Reich des freien
Wissens zurück.
Das Internet ist in einer behüteten akademischen Umgebung mit einem kräftigen Einschlag Hippie- und Hacker-Freiheiten großgeworden. Über 25 Jahre hinweg etablierte sich hier die Idee und Praxis, daß Information frei sein will. Insbesondere die freie Software demonstriert eindrucksvoll, daß Information eine nichterschöpfliche, nichtexklusive Überflußressource ist und daß Wissenskooperation Vorteile für den Einzelnen und für alle bringt. Dieser Trend wird seit einigen Jahren durch die Bemühungen der Rechteindustrie konterkariert, die digitale Information technisch zu schützen, zu parzellieren, nach einzelnen Nutzungen abrechenbar zu machen, sie zu verfolgen und bei Lizenzverstößen sich selbst zerstören zu lassen. Was zunächst wie die freieste Wissensumgebung schien, könnte jetzt einen Grad an Schließung und Kontrolle erreichen, wie er in keinem Mediensystem bislang denkbar war. Gegen diese Entwicklung möchte der Workshop
daran erinnern, daß die Vorstellung, daß Information Eigentum
sei, vergleichsweise jung ist. Und daran, daß Wissenswaren immer
auch auf einem Pool an gemeinfreiem Wissen aufruhen. Er wird die Freiheit
der Wissenschaft unter Bedingungen digitaler Medien und Drittmittelforschung
thematisieren. Die Schranken des Urheberrechts (public domain, fair use
usw.) werden aufgezeigt und ein Informations-Almende als alternatives Regulierungsmodell
zu staatlicher Intervention und Markt vorgestellt. Zonen von Informationsfreiheit
in Bildung, Archiven, Kunst, Technik und Unterhaltung werden besprochen.
Die Bewegung der freien Software und der sharing spiritdes Internet sind
eindrucksvolle Beispiele für den Reichtum eines nicht-proprietären
Wissens und eines freien Flusses von intellektueller Kooperation. Auch
der Äther schwirrt von unterschiedlichsten Informationen, die frei
sind für diejenige, die über Know-how und Detektoren verfügt.
In der Kunst gibt es eine lang Tradition, sich Freiheiten zu nehmen. Die
Situationisten stellten ihre Werke unter ein dezidiertes Anti-Copyright.
Die US-Band Grateful Dead gestattet ausdrücklich die Anfertigung und
Verbreitung von Bootleg- Aufnahmen ihrer Konzerte. Künstler und Fans
treten offensiv für das Recht ein, sich fremde Werkelemente anzueignen
und in ihre eigenen Schöpfungen aufzunehmen.
Informationsfreiheit ist zuallererst eine ethische und politische Frage:
das Grundrecht auf Wissen und Bildung; das Recht auf Zugang zu Wissen und
Teilhabe an seiner Formung und Erneuerung; ihr Wert als Gegengewicht gegen
kommerzielle Schließung, Informationsmonopole und informationellen
Imperialismus, kurz -- es geht um die altbewährte Ausrichtung auf
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Werte, die trotz allen Wandels
seither -- z.B. die Digitalisierung unseres Welthorizonts -- nichts an
ihrer Zeitgemäßheit verloren haben.
"Information wants to be Free" The Digital Knowledge Order between Rights Control Systems and Information Commons
The classical knowledge order of the sciences rests on a ‘knowledge communism' (R. Merton). It is philosophically and methodologically grounded in a free flow of information, in the conditions for replicating experiments, of peer critiquing, of modifying knowledge and of using it as starting point for further explorations. At the base of any copyright law there's the recognition that each ‘work' is derived from the pool of knowledge that was there before, from the memory and archive of humankind, a knowledge that belongs to all, the public domain. Therefore the protection of works and the monopoly use, these laws grant are restricted in scope and temporal range, and in the end, everything returns to the realm of free information. Librarians and archivarians as maintainers of the knowledge grail have long been at the forefront of making information available to the public. The colonization of the electromagnetic spectrum has been one of the great undertakings of the 20th century. Radio broadcast, high-frequency radar and TV, satellite broadcast and microwaves are the regions where we established settlements of signification. Whether we are aware of it or not (we can't help it anyway), we are engulfed in layer upon layer of constant humming, of radio and TV broadcasts, of police and amateur communications, of mobile phone conversations, of data streams, of close-range electro smog and long waves of information that span the globe, ethereal voices of angles. Given suitable detectors and know-how, also this information is free for everybody who cares to listen. Even public information is becoming increasingly public. Sounds like a paradox? The notion so manifest in Japan but also still deeply ingrained in Europeanish countries, i.e. that public knowledge belongs to state institutions, not to the citizens, took a Freedom of Information Act and takes a EU Greenbook on Information of the Public Sector to alter. And of course, there is the free software movement and the sharing spirit of the Internet that are vivid examples of the power of non-proprietary (if not non-commercial: it's about free speech not free beer) knowledge and a free flow of intellectual cooperation. On the down-side there are tendencies toward increasing closure, monopolization, captitalization of knowledge, exploitation of cultural, technological and bio diversity by a few globally operating corporations, eventization of cultural heritage and monetariziation of every informational exchange possible. If the knowledge order of digital media is turning the world into a single instantaneous, multi-medial, interactional knowledge space, the publicness of its public areas and the privacy of its private areas have to be protected.
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