ver 0.8, Dezember 1998

 

   operating system: /n./ [techspeak] (Often abbreviated 'OS') The foundation software
of a machine, of course; that which schedules tasks, allocates storage, and presents
a default interface to the user between applications. The facilities an operating system
provides and its general design philosophy exert an extremely strong influence on
programming style and on the technical cultures that grow up around its host machines.
(The Jargon File)

   wizard: /n./ 1. A person who knows how a complex piece of software or hardware works...
A good hacker could become a wizard for something given the time to study it. 2. A person
who is permitted to do things forbidden to ordinary people; one who has wheel privileges
on a system. 3. A Unix expert, esp. a Unix systems programmer. This usage is well enough
established that 'Unix Wizard' is a recognized job title at some corporations and to most
headhunters.
(The Jargon File)


Das Betriebssystem (OS) läuft für die meisten Computeranwender im Hintergrund ihres Bewußtseins. In Erscheinung tritt es allenfalls beim Systemstart (wenn Mitteilungen über das "BIOS" oder Festplatten-"Herren" und "-Sklaven" über den Bildschirm fließen) oder bei Störungen ("allgemeine Schutzverletzung"). Den überwiegenden Teil seiner grundlegenden Operationen (Ressourcen verwalten, Aufgaben wie Input/Output steuern und koordinieren, Systemelemente koppeln) vollführt das OS im Verborgenen. Verfolgt man jedoch die Ausläufer des OS weiter, so entfaltet sich ein umfassendes Netz von Beziehungen nicht nur in alle Bereiche von Computer-Hardware und -Software, sondern auch in Wirtschaft, Politik, Recht, Soziologie, Psychologie und Kultur.

Seit einigen Monaten ist das OS-Monopol Microsoft (MS) aus diesem Hintergrund in die Schlagzeilen getreten. Die Untersuchungen der EG und des U.S.-Justizministeriums bringen nach und nach zutage, wie Microsoft seine auf MS-DOS aufbauende Marktherrschaft nicht nur auf Entwickler, Computerhändler und Kunden in seiner eigenen OS-Welt ausbaut, sondern ebenso auf alternative OSs, Internet-Provider, -Technologien und -Content.

In der öffentlichen Debatte stellt sich GNU-Linux als Gegenspieler zu MS-OSs dar. Linux steht hier nicht nur für eine praktische Alternative, die sich im Bereich von Server- und Internet-Einsatz bereits gegenüber MS-Windows-NT durchsetzt. Mehr noch steht es für ein grundsätzlich anderes Modell der Entwicklung von Software: die Free-Software oder Open- Source-Bewegung. Anstelle der in einem geschlossenen Prozeß entstehenden proprietären, Copyright-geschützten Software entwickelt hier eine offene Community freie, frei modifizierbare Copyleft-geschützte Software. Dieses Modell hat an zahlreichen Beispielen bewiesen, daß es nicht nur hochwertigere Programme hervorbringt, sondern in seiner Verbindung von Gabentausch- und Geldökonomie auch als Business-Modell funktioniert.

Ein Beispiel für die unterschiedlichen sozialen und politischen Wertsetzungen der beide Modelle: MS-OSs wachsen, wie das sie produzierende Unternehmen, zu immer größeren Dimensionen aus, zielen auf die Auslastung der jeweils neuesten Intel- Prozessorgeneration und zwingen so die Konsumenten zum Ersatzkauf. Linux dagegen läuft auch auf obsoleten Plattformen (selbst 8086er) und ist daher das OS für arme Länder und Menschen.

Die Veranstaltung nimmt diese Entwicklung zum Anlaß, der Bedeutung von Betriebssystemen als der Grundlage der heutigen "Informationsgesellschaft" nachzugehen. Schwerpunkte der Veranstaltung sind die Funktionsweisen von OSs, ihre Verbindung zu sozialen Systemen (Politik, Wirtschaft, Kultur, Bildung usw.) und die Alternativen zu MS-OSs.

Als Ergebnis der Veranstaltung wird eine Online- und Print-Dokumentation entstehen, die die Thematik und ihre Herausforderungen deutlich und weiten Kreisen einer interessierten Öffentlichkeit in Deutschland und international zugänglich macht. Für Deutschland ist hier beispielsweise an eine Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung zu denken.

Die Veranstaltung selbst kann ein wichtiges überregional wirksames Signal für den medienpolitischen Standort Berlin und die hier präsente technologische, wissenschaftliche und kulturelle Kompetenz sein. Die Liste der Gäste wird diese Konferenz zu einem in der internationalen Fachwelt und darüber hinaus stark beachteten Ereignis machen. Die lokale Kooperationspartnerschaft zwischen akademischen Instituten, medienkulturellen Initiativen, Kulturinstitutionen und engagierten Privatunternehmen ist dabei auch im internationalen Maßstab beachtlich und durchaus nicht selbstverständlich.

Die Veranstaltung erstreckt sich über drei Tage, an denen verschiedene Beobachtungsweisen auf OSs im Zentrum stehen. Ziel des ersten, des "informatischen" Tages ist es, den aktuellen Paradigmenwechsel hin zu verteilten OSs nachzuzeichnen. Am zweiten, dem "medien-politischen" und "kulturwissenschaftlichen" Tag sollen die Wechselwirkung von technischen und sozialen Systemen aufgezeigt und deutlich gemacht werden, daß die Frage nach den Konzepten, die die OS-Entwicklung leiten, eine politische ist. Am dritten, dem "Hacker"-Tag, geht es um gemeinfreies Wissen als Alternative zum Freimarkt-Monopol und um Standards. Ziel dieses Tages ist es, die Idee eines kollaborativen, auf eine offene Community  gestützten und (Copyright-) freien Projekts für ein OS der nächsten Generation zu überprüfen und ggf. zu lancieren.
 
Hier befinden sich Linklisten zum
1.Tag, zum 2.Tag und zum 3.Tag.


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last updated 98/12/13