Mikro
e.V. Verein zur Förderung von Medienkulturen in Berlin
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# 8
netz.statt.berlin 4. November 1998 WMF, Johannisstr. 19 Transkript der Diskussion
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RealAudio in RIS:
* Diskussion
RealVideo in Mediaweb-TV:
* Diskussion Modem | ISDN
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INTRO
* Bettina Vissmann,
Architektin, TU Berlin
DISKUSSIONSTEILNEHMER: * Sascha Korp,
* Horst Ulrich,
* Hilmar Schmundt,
* Moderation: Thorsten Schilling und Pit Schultz (mikro)
Thorsten Schilling: Guten Abend, mein Name ist Thorsten Schilling von mikro, neben mir steht Bettina Vissmann, die den heutigen Abend beginnen wird – mikro.lounge #8, Thema „netz.statt.berlin". Berlin ist schon wieder / immer noch im Übergang, grosse Dinge oder kleine Desaster kündigen sich an, der Potsdamer Platz ist eröffnet und der Rave hat begonnen. Dreieinhalb Millionen Menschen innerhalb der ersten drei Wochen, in dieser bizarren Architektur – es scheint zu funktionieren – nur: was funktioniert? Berlin.de wird in den nächsten Wochen ans Netz gehen, „Public-Private-Partnership". Die Frage wird sein: kommen hier neue Contents für alle, was passiert dort, was heisst „private", was heisst „public", gibt’s da noch eine „public domain", diese und ähnliche Fragen werden wir mit unseren Gästen diskutieren. Zunächst aber Bettina Vissmann, „Potsdamer Platz Mimikry". Musik wird heute gemacht von DJ Manuela Krause, electronic listening, im Anschluss an diese Diskussion werden wird dann auf diesen Monitoren die Arbeit „Millenumania" von Nina Fischer und Maroan el Sani sehen, ein Projekt, das sie versuchen nächstes Jahr zur Jahrtausendwende zu realisieren. Davon gabs einen Prototyp hier in Berlin, und sie werden dann im Anschluss etwas dazu sagen. Wir beginnen jetzt mit Bettina Vissmann, „Potsdamer Platz Mimikry", im Anschluss die Diskussion mit Hilmar Schmundt, Redakteur bei Konrad in Hamburg, früher hier bei Zitty in Berlin, der in der letzten Konrad den Artikel „Berlin 2.0" geschrieben hat. Eine vorsichtige Euphorie über die Situation in Berlin, mit so einigen skeptischen Nebenbemerkungen. Wir haben vom Senat von Berlin Herrn Horst Ulrich eingeladen, der zuständig ist für das Stadtinformationssystem und die online-Dienste und seinen Gegenpart Sascha Korp, Marketingleiter bei debis, primus online, berlin.de. Mit ihnen werden wir – Pit Schultz und ich – diskutieren, und wir werden ziemlich schnell die Diskussion öffnen und hoffen sehr, dass auch bei dem grossen Andrang ein grosses Bedürfnis besteht, die Diskussion offen und kontrovers zu führen. Bettina Vissmann: Nach einem ersten Spaziergang über den Potsdamer Platz wollte ich hier erste Überlegungen zur Diskussion stellen, auch wenn diese noch ziemlich auf der Oberfläche sind. [Video kommt nicht] -- das [Testbild] ist eigentlich ganz schön, aber nicht beabsichtigt – OK, dann muss ich jetzt davon ausgehen, dass jeder diese Simulation, die seit 5-6 Jahren in Berlin (u.a. in der Infobox) gezeigt wird, kennt. Die kann man dort auch kaufen. [Gelächter] OK, es ging mir um die Bilder, die dort in Umlauf waren. Kurze Sequenzen, wo Vogelperspektiven in die Stadt runtergehen und in dieser virtuellen Oberfläche umherschweifen. Mir ist es so gegangen, dass genau das, was in dem Video simuliert wird, vor Ort wiederzufinden ist. Daraus sind meine Überlegungen entstanden. Bei einem Gang durch die neugebauten Volumen, Strassen und Passagen kann der Besucher genau die Atmosphäre der Videosimulation von 1994/95 wiederfinden, entdecken, ja sogar durchschreiten. Waren es eben noch virtuelle Puppen, die in den Gebäudeschluchten der gerechneten Oberflächen einen Gang der mechanisierten digitalen Gleichgültigkeit machten, so sind es heute die Echtzeitbesucher, die die Form der simulierten Gleichgültigkeit angenommen haben. Im weiteren soll der Versuch unternommen werden, den debis-Teil des Potsdamer Platzes unter dem Aspekt der Mimikry zu beschreiben. Mimikry (grch.) heisst Nachahmung – eigentlich ein Begriff aus der Biologie für eine Schutzanpassung, bei der bestimmte Wesen die Trachten anderer, meist wehrhafterer Tiere durch täuschende Ähnlichkeit nachahmen: z.B. eine Fliegenart, die die Form einer Biene annimmt, oder ein Glasflügler, der aussieht wie eine Hornisse. Ein kleiner Exkurs in die Geschichte, wie dieser Wettbewerb zustandegekommen ist, und was seit 1991 oder 1990 eigentlich dort passiert ist: nach dem umstrittenen Verkauf der Grundstücke von der Stadt an einen bzw. zwei Investoren und den daraus folgenden enormen Nutzungsansprüchen der Investoren gab es eine Diskussion daüber, dass die quantitativ und qualitativ geforderten neuartigen Ansprüche nicht bewältigt werden können, schon garnicht in der Stadtgestalt des 19. Jh. Dennoch gingen die Architekten Hilmar und Sattler als erste Preisträger des städtebaulichen Wettbewerbs 1991/92 hervor. Der Entwurf orientiert sich von allen eingereichten Arbeiten am stärksten an der Stadtstruktur des 19. Jh. Die alten Strassenzüge werden, ergänzt durch die Neue Potsdamer Strasse, wiederaufgenommen. Was zur Folge hat, dass der Übergang zu Scharouns Vorstellung der Stadtlandschaft – Kulturforum – unklar, bzw. ungelöst scheint. Die Blöcke der nach 1735 entstandenen Stadtbefestigung, die sich an der Stresemannstr. und an der Eberhardtstr. deutlich abzeichnet, werden wieder gefüllt. Das Oktogon des Leipziger Platzes wird wiederhergestellt. Die nachgeahmte Struktur des 19. Jh. wird trotz der angestrebten hohen Dichte und der Nachbarschaft des Kulturforums Grundlage für die zweite Phase des Wettbewerbs. Renzo Piano, Gewinner der zweiten Phase, steht vor dem unlösbaren Widerspruch, modernste Technologien auf die Struktur einer Vergangenheit zu projizieren. Er schafft es, die Volumen des steinernen Berlin mit Tontafeln zu behängen. Architektur wird hier auf der Grundlage einer reinen Oberflächengestaltung diskutiert. Das Bild der Vergangenheit wird Abbild der Jetzt-Zeit. Das Benutzen der alten Strukturen ist möglicherweise eine Strategie, die, ähnlich wie in der Biologie, den Vorteil einer Nachahmung für sich benutzt, indem neue Funktionen in altbekannten Strukturen verhüllt werden. Dort, wo die Stadtstruktur der Blöcke (auf der Ebene der Details ist das auch wiederzufinden – das Nachahmen von Vorhandenem) auf die Rückseite der Staatsbibliothek stösst, also zwei sehr unterschiedliche Vorstellungen von Stadt direkt aneinandergrenzen, entsteht eine sehr interessante Form der reflexiven Nachbildung. [Dia kommt nicht] Also, wenn vorher die Stadtstruktur als Vorbild genommen wird, ist hier auf der Objektebene eine neue Art von Nachbildung zu sehen. [...] Also, ohne Lichtbilder: Es geht um die eine Stelle, an der das Gelände von debis an die Staatsbibliothek stößt. Auch die Achse der Potsdamer Str. stößt direkt auf den sogenannten Marlene-Dietrich-Platz. An dieser Stelle wird die Blockstruktur des 19. Jh. nicht fortgesetzt. Dort, wo die Struktur der Blöcke auf die Rückseite der Staatblibliothek stösst, wo eben zwei sehr unterschiedliche Vorstellungen von Stadt – Scharouns Vorstellung (die auch nur halb verwirklicht wurde) von einer Kulturlandschaft, einer städtischen Landschaft – also die Vorstellung von der Stadt als eines dynamischen Raumes – und dagegen die Blockstruktur als relativ statisch, Achsenaufbau... Diese beiden Zeitvorstellungen stossen an der Stelle der Staatsbibliothek zusammen. Auf Objektebene wir hier der Versuch unternommen, sich mit der Scharounschen Stadtlandschaft zu verbrüdern, indem eine Art Kopie der Volumen und Oberflächen produziert wird. Das Musicaltheater mit Spielbank ist das einzige Gebäude, das aus der Blockstruktur ausbricht und die Tontafelmaterialität von Piano verlässt. Hier wurde zugunsten der Tarnung die eloxierte Metallfassade des Kulturforums direkt kopiert. Die Staatsbibliothek wird als Grenze zweier Stadtstrukturen gespiegelt. Bei dem Versuch, Differenzen durch Doppelung zu verwischen, entsteht ein kaum überbrückbarer Riss, in dem die Spiegelachse liegt. Genau an dieser Stelle liegt vielleicht der authentischste Raum des Platzes. Auch funktional befindet sich auf der einen Seite das staatliche Archiv der Kultur, während sich sich die andere, kommerzielle Erlebniswelt genau unter diesen Deckmantel der Kultur begibt. Die dritte Ebene, die Funktion, die Benutzung. Wo eine Monostruktur sich in den Deckmantel von alter Blockstruktur tarnt und wo Bekanntheiten zweiten Grades aufgebaut werden. Da sind sowohl der Kaiser als auch Aldi vor Ort. Dann die Shopping Mall, ziemlich bekannte Bilder aus der Peripherie, die dort einfach auf einer anderen Ebene reproduziert werden. Der Ort ist durch Überraschungslosigkeit, gekennzeichnet. Der Vorteil, der Nutzen, den die Nachbildung versucht aufzubauen, scheint eine kommerzielle Strategie zu sein. Der andere Aspekt wäre der, dass das hier ein privater Konzern ist, der hier als Bauherr eines gesamten Stadtteils auftritt; sich tarnt, Bilder benutzt, die vorhanden sind. debis verkauft seine kommerziellen Interessen unter dem Deckmantel, im Kleid von anderer Architektur. Es handelt sich um eine Unfähigkeit, ohne Rückgriff auf mimikrierte Strukturen oder Nachbildung neue koplexe Strukturen zu entwerfen. Inwieweit sind diese Strukturen von Zentralität auch im Netz wiederzufinden... das wäre dann die Überlegung / Überleitung ... [dann lief das Video] [...] TS: Wir hatten gedacht, dass wird diese eher architektonischen Bemerkungen machen, bevor wir jetzt zu „Berlin im Netz" bzw. diesem einen Teil davon – berlin.de – kommen. Zum einen ist es ja so, dass der Sozialführer (??) debis, der für den Senat den public content ins Netz legt, oder den relaunch macht, an diesem Ort der Bauherr ist, und sich vielleicht bestimmte Strategien, die hier im realen Raum , in der urbanen Architektur zu finden sind, sich auch wiederfinden werden in der Art und Weise, wie berlin.de in einer Mixtur von Public content und private content, also e-commerce, sich im Netz präsentieren wird. Es gibt sicher neuralgische Schnittflächen zwischen dem Intranet berlin.de und dem Internet. Das war eher als eine Einstimmung gedacht. Es tut mir sehr leid, dass das mit den Bildern nicht geklappt hat. Ich denke, dass einige von den Ideen, die Bettina angesprochen hat, jetzt in der Diskussion, die hoffentlich auch von Euch sehr aktiv geführt wird, auftauchen werden. OK, ich würde sagen, dass die Leute, die hier vorne sitzen sollten, jetzt auch nach vorne kommen sollten, ich sehe leider niemanden ... OK. TS: netz.statt.berlin – löst sich die public domain auf, wird sie stärker? Kommen hier völlig neue content Formate hinzu? Wie steht eigentlich das neue Projekt berlin.de – immerhin die sogenannte offizielle website der Stadt – zu anderen Projekten in Berlin, die sich hier in den letzten Jahren entwickelt haben? Das sollten wir heute diskutieren. Für meine Begriffe ist diese Art von public-private-partnership – wenn man sich das mal ansieht; im realen Raum die Rathäuser sind über Jahrhunderte hinweg immer Solitäre gewesen, die einen eigenen öffentlichen Raum beanspruchen und generieren. Meistens dann umlagert von Marktplätzen. Was jetzt geschieht, mit berlin.de, ist für meine Begriffe vergleichbar mit dem, was das Rathaus Friedrichshain z.B. getan hat, also als Teil einer Shopping Mall, oder vorgelagert einer Shopping Mall in den Rückraum von bestimmten kommerziellen Nutzungsformen zu verschwinden, sich also rückzuverlagern. Das muss nicht unbedingt schlimm sein, das kann ja auch eine Strategie sein, um die Differenzängste der Bürger abzubauen. Optimistisch gesehen. Wir wollen vielleicht mal anfangen mit Hilmar Schmundt, der im letzen Konrad einen Artikel über die Berliner Situation geschrieben hat. Was macht die Situation im Berliner Neuen-Medien-Betrieb aus, welche Entwicklungstendenzen zeichnen sich für Dich hier ab, welche Bewegungsformen, Unternehmenskulturen tauchen hier auf? Dann gehen wir zu berlin.de über und sollten überlegen, wie sich das in den größeren Kontext einfügt. Hilmar Schmundt: In dem Artikel, der im letzten Heft erschienen ist habe ich versucht, einen größeren Bogen zu schlagen – es war ja auch schon im Vorfeld recht viel erschienen zum Potsdamer Platz, zum gesamten Stadtumbau, zum Regierungsumzug – und erstmal haben die Kollegen die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen: „Berlin-Hefte verkaufen sich nicht" „Das Thema ist durch, können wir nicht machen". Ich glaube, dass ingesamt in der medialen Reflexion von Berlin die Neuen Medien und auch der Wissenschaftsstandort Berlin und die Verkabelung Berlins und alles, was damit zusammenhängt, noch kaum wahrgenommen worden ist. Weder deutschlandweit, von den überregionalen Medien, noch – und das ist das faszinierende – von lokalen Medien, Tageszeitungen, Fernsehsender usw. D.h., was ich vermisse, was mir dann letztendlich das Argument geliefert hat, doch diesen Artikel schreiben zu dürfen, war die fehlende Meta-Ebene, d.h. das Zusammensehen von Architektur, vom Potsdamer Platz, und von der grossflächigen Vernetzung, die in Berlin stattfindet – deswegen der etwas reisserische Titel (das gebe ich gerne zu) „Berlin 2.0." – heisst: die Analogie mit einem Programm, nicht nur mit einem Computerprogramm, sondern gleichermassen mit einem politischen, sozialen, urbanen Programm. D.h. auf zwei Ebenen laufen hier im Moment ähnliche Prozesse ab. Vielleicht kann ich die gleich mal grob umreissen. Dass Berlin als Medien- und Wissenschaftsstadt zu wenig wahrgenommen wird, sondern meistens nur als Multi-Kulti-Metropole, als Raver-Paradies und natürlich als Stätte der finstersten deutschen Geschichte, hat mich gewundert. Ich hatte auch Probleme, das Thema bei verschiedenen Berliner Zeitungen unterzubringen als freier Autor. Vor einem Jahr haben wir dann Gary Wolf von Wired eingeladen, zur Softmoderne, der Computerliteratur-Tagung, und ich dachte, vielleicht kann Gary Wolf, als einer der Vertreter der kalifornischen Ideologie oder Euphorie mit seiner von Wired geprägten Sicht etwas hier entdecken in Berlin, was uns Deutschen mit unserer Miesepetrigkeit und gerade uns Berlinern mit der berühmten Berliner Meckerei verborgen bleibt. Der Artikel erschien dann auch, war auch sehr interessant und aufschlussreich, aber leider ging es in diesem Wired-Artikel um die historisch-kritische Rekonstruktion von Berlin, um Architektur, um die Gebäude, und auch um den Versuich, neue Gebäude historisierend an das 19. Jahrhundert anzubinden. Das Wort Computer kommt in dem Artikel nicht einmal vor. Wolff beschreibt dort diese unsägliche Debatte über die historisch-kritische Rekonstruktion der Berliner Innenstadt, also eigentlich das Fehlen von Visionen. Ein Satz gefiel mir besonders gut. Er beschreibt das Ganze als grosses branding oder Marketing event, Berlin soll vertickert werden. Berlin braucht ein Image, Berlin ist ein wirtschaftlich sehr schlecht dastehender Standort, das einzige, was wir hier haben ist Fantasy, also ein mythisches Bild vom Berlin des 19. Jahrhunderts, vielleicht bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts, bis in die Tage der wunderbaren Berliner Moderne, und dann reisst es ab, dann läßt sich hier nichts mehr vermarkten, dann ist nur noch Frontstadt und Wiedervereinigungsmisere. Er schreibt also: „The reconstruction of a 19th century city at the border of the 21st century is an excercise in fantasy and national myth-making." Er exerziert das dann durch an verschiedenen Beispielen und spricht mit verschiedenen Leuten... und ich fand, dass sich diese Fantasie durchaus auch in neuen Bereichen, den Neuen Medien, in neuen Wirtschaftsformen nachvollziehen lässt. D.h., die Visionäre gibt es auf jeden Fall in der Stadt, es gibt dieses wunderbare Programm „Berlins Weg in die Informationsgesellschaft", es gibt viele Sonntagsreden, viele Aufforderungen, viele Hoffnungen in die neuen Medien, von Seiten des Senats und von Firmen – wir werden ja gleich noch über berlin.de hören – diese Vision oder diese Fantasy ließe sich also auf jeden Fall finden wenn man genau hinschaut, auch wenn das in den Medien nicht so reflektiert wird, weil die reine Diskussion über das steinerne historische / historisierende Berlin Vorrang hat vor den Zukunftstendenzen, die sich im gesamtgesellschaftlichen Programm von Berlin 2.0 abzeichnen. Zu diesen Visionen gehören Zitate wie z.B. von Ron Sommer, der schreibt: „Die Region Berlin-Brandenburg soll zum modernsten Telekommunikationszentrum Europas ausgebaut werden." Der Regierende Bürgermeister Diepgen hofft auf 100.000 Arbeitsplätze bis zum Jahr 2010 im Informations- und Telekommunikationsbereich. Diepgen hat sogar in einem Interview die Hoffnung geäussert, dass im Jahr 2010 75% der Arbeitsplätze sich im Dienstleistungsbereich und in der Informationsindustrie angesiedelt haben werden. Das interessante an diesen Sonntagsreden ist nur, daß natürlich kein Geld da ist, d.h. der Berliner Weg in die Informationsgesellschaft muss von solchen private/public Partnerships finanziert werden. D.h. der Senat kann nur Anstöße geben und kann dann nur hoffen, daß im Bereich Verkehrssteuerung, im Bereich Wissenschaftsmetropole usw. sich die privaten Partner einsetzen und die Entwicklung ins Rollen bringen. Viel Vorzeigbares gibt es bislang noch nicht – das einzige ist bislang berlin.de, als einer dieser Schritte in die Informationsgesellschaft. Deswegen lohnt es sich, in diesem relativ frühen Stadium drüber zu diskutieren. Es sind noch andere Projekte geplant – Stadt der Logistik heisst eins, Wissenschaftsstadt heisst ein anderes, Telematik ist einer der Bereiche ... Obwohl diese Visionen noch nicht umgesetzt sind, also noch nicht marktfähig sind und noch keine Käufer gefunden haben, gibt es dennoch schon sehr viel zu sehen in einzelnen Multimedia-Firmen. Berlin hat eine unglaublich heterogene Szene, vielleicht sogar so heterogen, dass sich die meisten Projekte untereinander garnicht kennen. Das fängt an mit den verschiedensten Stadtsimulationsmodellen – da ist natürlich berlin.de als Stadtinformationssystem nicht das einzige, es gibt hier eine sehr lange Tradition, z.B. die Kulturbox, die hat hier vor ca 6 Jahren angefangen; den größten Boom erlebte sie es zur Verhüllung des Reichstags. Ein anderes Projekt, die Internationale Stadt, hat eigentlich auch international für Aufsehen gesorgt, wurde dann leider sang- und klanglos begraben im Januar. Das war vielleicht die zweite Wiederspiegeluing der Stadt im Netz. Mittlerweile haben sich verschiedenen andere Projekte etabliert, z.B. CyBerlin, eine Art Unterhaltungsstadt, eher so eine Art Spielhölle, die sich mit VR-Simulationen etwas comichaft orientiert an dem real existierenden Berlin. Dann gibt es das Projekt CyberCity von der Firma echtzeit, welches sogar hochrealistisch die Stadt in einzelnen Regionen, v.a. die östliche Innenstadt um die Friedrichstrasse herum, den Pariser Platz und den Ku-Damm abbildet. Dh wir haben hier sehr viele konkurrierende Systeme – die Konkurrenz ist auch noch lange nicht ausgefochten – untereinander ist die Kommunikation relativ schwach ausgebildet, man könnte sogar sagen, es gibt zuviel Konkurrenz. Dh sehr viele Projekte haben parallel geforscht, an ähnlichen Versuchen, die Stadt nachzumodellieren, und auch den Kontakt der Bürger untereinander oder mit Behörden / Firmen auszubauen. Die Vernetzung untereinander ist eher unterentwickelt. Zur Eröffnung des Potsdamer Platzes gab es eine der wenigen Gelegenheiten, wo wir uns mal zusammengesetzt haben mit Leuten von echtzeit, arte media, ID Praxis, Cityscope – es war einfach sehr interessant, mal zu hören, was die anderen Projekte so machen. Fast kommt es einem so vor, als würde sich die hochgelobte Kiezstruktur im Cyberspace fortschreiben – das ist vielleicht die schwächste Begründung für das starke Parallel- oder Nebeneinanderarbeiten. Eine andere Tradition ist wahrscheinlich das Subkulturelle. Einerseits führt die Berliner Subkultur zu unglaublich spannnenden und vielseitigen Projekten, wie zb convex tv., .... (wird fortgesetzt)
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