Mikro
e.V. Verein zur Förderung von Medienkulturen in Berlin
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Programm
Vortrag
Diskussion
Trustcenter
Video
Visomat Laboric, Berlin, <visomat@de-bug.de> an der Video Orgel, sowie 'Planetary Traveler', 3-D Home-made Computervideo, Jan C.Nickman, USA Audio
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mikro.lounge
#2
Die Wahrheit über Echelon <www.mikro-berlin.org/Events/19980408.html> WMF, Johannisstr. 20, Berlin-Mitte
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engl. Übersetzung |
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Die
Lounge begann mit einer Präsentation von Angela Melitopoulos und Eva
von Platen, die an der Kunsthochschule für Medien in Köln arbeiten.
Sie zeigten und kommentierten eine Video-Dokumentation der Digitale
'97, eines Festivals für Kunst und neue Medien, das alljährlich
in Köln stattfindet. Die Digitale von 1997 hatte als Titel 'DIGITALE
DIALEKTE' und beschäftigte sich am Beispiel von Video, bildender Kunst,
Musik, Animation und Performance aus den Städten Sao Paulo, Moskau
und Tokio mit lokalen Eigenheiten der digitalen Ausdrucksformen.
Im Hauptteil der mikro.lounge #2 ging es um die Frage von Abhör- und Verschlüsselungstechnologien im Internet. Unter dem Titel 'Die Wahrheit über ECHELON' berichtete die Journalistin Christiane Schulzki-Haddouti aus Koblenz über das ECHELON Abhörsystem: 'Behörden und Geheimdienste hören systematisch Kommunikationssatelliten ab, lesen EMails mit und manipulieren Grundrechte über schleichende Gesetzeserweiterungen. Das weltweite Abhörsystem unter der Ägide der NSA wird in Deutschland von der US-Station in Bad Aibling unterstützt - der deutsche Geheimdienst bleibt zwar aussen vor, doch wird das Abhören durch permanente Gesetzesänderungen auch in Deutschland immer umfassender möglich.' Schulzki-Haddouti beschrieb die technischen Möglichkeiten und Grenzen des Systems und wies ausführlich auf die politischen Rolle der europäischen Regierungen hin, die sich im Rahmen von ECHELON recht kritiklos den US-amerikanischen Sicherheitsinteressen unterworfen haben. 'Im STOA-Bericht von 1997 war erstmals das System zum Abhören kommerzieller Telekommunikationssatelliten in einem offiziellen EU-Papier erwähnt worden. Bei den darauf folgenden Diskussionen im Europa-Parlament hatte Martin Bangemann noch blauäugig behaupten können, von der Existenz von ECHELON nichts gewußt zu haben.' Neuere Berichte allerdings, aus denen Schulzki-Haddouti zitieren konnte, legen nun umfassende Materialien vor, in denen Geschichte und Arbeitsweise des ECHELON-Systems aufgezeigt werden. Hieran schloß sich unter dem Titel 'Das Netz als Panoptikon' ein Gespräch zwischen Wolfgang Coy, Professor fuer Informatik an der Humboldt Universität Berlin mit Volker Grassmuck, Medientheoretiker und Mitglied von mikro e.V. an. Wolfgang Coy, der seit zwei Jahren an der Humboldt Universität lehrt, war vorher seit 1979 an Uni Bremen. Schon dort beschäftigte er sich mit Fragen der Künstlichen Intelligenz, Informatik und ihren militärischen Anwendungen, des Datenschutzes und der Kryptographie. Zentrales Thema seiner Arbeit ist das Verhältnis von Informatik und Gesellschaft, betrachtet aus kulturwissenschaftlicer, medientheoretischer und informationstheoretischer Sicht. Coy und Grassmuck sprachen über die informationstechnischen Grundlagen der Kryptographie und die Möglichkeiten für die Echtzeit-Mustererkennung von Kommunikationen, und über die Möglichkeiten sich diesen Überwachungsmechanismen zu entziehen. In diesen Technologien durchkreuzen sich militärische, geheimdienstliche und zivile Interessen, die in den seltensten Fällen voneinander zu trennen sind - Staatssicherheitsdienst und Markforschung verschmelzen -, ein Umstand, der den politischen Umgang mit diesen Technologien sehr schwierig macht. In diesem Zusammenhang wurde auch über das PGP-Schlüsselring-System (Pretty Good Privacy) gesprochen, das sichere Datenkommunikation erlaubt. Am Rande der mikro.lounge wurde denn auch durch Ingmar Camphausen von Individual Network e.V., Berlin, PGP-Software an das Publikum verteilt. Der Abend endete mit einer Stimmung informierter Gelassenheit. Man wußte, daß Systeme wie ECHELON bestehen und diskutierte die Möglichkeiten des Widerstandes und die Grenzen solcher Über- wachungen. Am Schluß stand die offene Frage Thorsten Schillings, 'ob nicht der prinzipiell mögliche massenhafte Wechsel vom Konsumenten zum Produzentenstatus solche Überwachungen an ihre Systemgrenzen bringt.' [A.B.]
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